Neulich las ich in einer großen deutschen Zeitschrift, dass wir auf Irland nicht nur relativ glücklich und zufrieden sind, sondern auch unheimlich reich. Angeblich sind wir nicht nur die reichsten Europäer sondern (hinter den Japanern) sogar die zweitreichsten Menschen der Welt. Da habe ich natürlich nicht schlecht geguckt. Das war mir bisher völlig entgangen, aber wie heißt es so schön: “Die dümmsten Bauern haben die fröhlichsten Schafe.” Warum also nicht?
Reichtum ist relativ
Für einen Moment überkam mich, das gestehe ich ganz freimütig, ein wohliger Schauer. Laut dem Bericht haben wir immerhin ein durchschnittliches Vermögen von knapp 150.000 Euro. Damit komme ich persönlich eine ganze Weile hin. Supi, dachte ich mir also, endlich Schluss mit der Schinderei. Ist ja auch nichts mehr in meinem Alter. Was für ein tolles Gefühl, so plötzlich und völlig unverdient zu Wohlstand zu kommen. Ist fast im Lotto, nur das man keinen Einsatz zahlt. Sollte ich tatsächlich einmal ins Schwarze getroffen haben?
Da hab ich natürlich gleich mal meinen Kontostand abgerufen, so etwas sieht man schließlich lieber weiß auf bunt. Reiche Menschen wie wir hier auf Irland rufen ihren Kontostand natürlich online ab. Hättet ihr nicht gedacht wie? Da staunt der Laie und nicht schlecht sage ich. Man mag es kaum glauben, doch die irischen Banken, zumindest einige, sind tatsächlich im 20. Jahrhundert (und ich meine das zwanzigste) angekommen.
Pirate SeamusDoch lang wurde mein Gesicht, als ich mich schließlich eingeloggt hatte. Egal wie ich es drehe und wende, als wohlhabend oder gar reich kann man das, was mir mein virtueller Kontoauszug da anzeigte, nun wahrlich nicht bezeichnen. Da fallen wir spontan andere Worte ein, desaströs zum Beispiel. OK, ich habe viele Freunde und ein lustiges Leben. Das ist etwas, dass man mit Geld nicht kaufen kann, aber wie kann es sein, dass Iren durchschnittlich 148.130 Euro auf dem Konto haben und ich nix? Da läuft doch was falsch.
Da habe ich den Artikel also mal genauer gelesen und wie Schuppen aus dem Panzer meines Hauskrokodils fiel es mir. Die Studie wurde von der Bank of Ireland angestellt, meiner Lieblings- und ehemaligen Hausbank. Ich nenne sie auch meine Nemesis, da ich bis heute tief und ehrlich empfundenen Zorn in mir aufsteigen fühle, wen ich mich an meine Tage mit denen erinnere. Besonders haften geblieben ist mir dabei eine Geschichte. Sie ist mittlerweile in paar Jahre her, ich kann also drüber lachen und so will ich sie Euch nicht vorenthalten.
Meine Lieblingsbank
Ich sollte etwas vorausschicken: Die B.O.I. (Bank of Ireland) ist – soweit es mich angeht und ich neige bekanntlich nicht zu Übertreibungen – die Wurzel allen Übels, das Böse, ein Schlag ins Gesicht jedes aufrechten Bankunternehmens, ein Affront gegenüber der an sich vielleicht nicht ehrenhaften aber immerhin nach außen seriös daher kommenden und je nach Gelegenheit geldvermehrenden bzw. geldvernichtenden Zunft der Geldaufbewahrer und Wucherer.
Die B.O.I. ist so unterbegabt, dass es eigentlich ein Wunder ist, dass sie noch nicht pleite ist oder vielmehr von einem wütenden Mob von der Insel gejagt wurden. Die Mitarbeiter dieses Unternehmens sind so derartig inkompetent, dass sie einen Phlegmaten die Wand hoch treiben und was ich hier berichte, beruht nicht auf Hörensagen, das sind eigene schmerzhafte Erfahrungen.
Ich erinnere mich daran wie vorgestern und mir kommt immer noch das kalte K… mir fällt grad nichts mit K ein, mmmmhhhmm, müsse me improvisieren, das kalte Krausen also kommt mir, allein bei dem Gedanken an diese ganz besonders bezeichnende Anekdote.
Fangen wir von vorn an. Eines schönen Sommertages, es regnete in Strömen und war eisekalt, machte ich auf Arbeit früher Schluss, um meine Bank aufzusuchen. Die irischen Banken haben natürlich ihre Öffnungszeiten so eingerichtet, dass es für die arbeitnehmende Bevölkerung unmöglich ist, ihnen einen überraschenden und vor allem persönlichen Besuch abzustatten, aber das kennen wir ja aus anderen Gegenden. Ich machte also früher Schluss und begab mich zur Bank meines Vertrauens.
Der Grund meines unangekündigten Besuches war simpel. Ich plante eine Reise und bisher hatte es meine Bank lediglich geschafft, mir eine Bankkarte auszustellen. Ganz im Gegensatz zu den Produkten der Konkurrenz (Zum Beispiel die Bank von Chaotistan oder sogar die deutsche Sparkasse, um mal ganz ein extremes Exempel zu bemühen) konnte man diese ausschließlich in Irland benutzen konnte. Verlies man hingegen die Insel, reiste man wie im 11. Jahrhundert üblich, also vor Gründung des Templerordens, mit Bargeld herum. Solches war ich nicht gewöhnt und gedachte dies einfach und unkompliziert zu ändern. Da kannte ich die Bank of Ireland natürlich schlecht.
Die Bank of Ireland
Nun sind EC-Karten in Irland gänzlich unbekannt, aber es gibt Alternativen. Ein Freund und Kollege zum Beispiel hatte so eine Karte und sie war von der Bank of Ireland ausgestellt worden. Wie der Zufall so wollte, traf ich ihn just an jenem Tage. Wir hatten offenbar ähnliches im Sinn, reihten uns also gemeinsam in die wie üblich stattliche Schlange ein und warteten. Nach kurzweiligen 30 Minuten war ich dann auch tatsächlich dran. Eine nette Dame saß vor mir und frug nach meinem Begehr. Ich erläuterte ihr meine Idee mit der “Maestro-Karte” (das irische Pendant zu EC).
Was nun kam, hatte ich in der Tat nicht erwartet. Sie schüttelte traurig den Kopf und sagte: “So etwas haben wir nicht.” Einen Moment sah ich sie fragend an, wartete darauf, dass sie loslachte, sich als der Scherzkeks zu erkennen gab, der sie unzweifelhaft sein musste. Sie hielt meinem Blick stand und es dämmerte mir, dass sie entweder ein eiskalter Zocker oder aber die Antwort todernst gemeint war.
Ich fragte nach: “Sie wollen mir also erzählen, dass die Bank of Ireland keine Maestro-Karten ausstellt?” Sie nickte. Ich drehte mich um und rief meinen guten Freund und Kollegen herbei. Ich bat ihn, mir einmal seine Bankkarte zu leihen. So tat er und ich präsentierte ihr selbige, ausgestellt von eben dieser Bank und inklusive des Maestro-Logos. Wer nun erwartet, dass eine gestandene Schaltermagd der B.O.I. im Angesicht solcher Evidenz einen Rückzieher machen würde, kennt die Kollegen schlecht. Sie blieb knallhart und schlug vor, ich solle einfach ein anderes Mal wiederkommen.
Da war ich erst mal platt. Immerhin musste ich frei nehmen, meine wertvolle Freizeit opfern, um mich noch rechtzeitig vor Ladenschluss in die üblicherweise endlose Schlange einzureihen. Die Gute musste scherzen. Selbst in Anbetracht der ohnehin nicht berühmten Standards der Bank war das ein armseliger Auftritt.
Aufregen bringt in solchen Fällen gar nichts, also fügte ich mich und überdachte die Angelegenheit bei einem Pint. Offenbar hatte ich es mit einer Bankfachfrau zu tun, die ihre dreimonatige Banklehre (kein Scherz) in den siebziger Jahren absolviert hatte, wo es diese Karten tatsächlich noch nicht gab. Mir blieb also nichts übrig, als an einem anderen Tag zurück zu kommen und mein Glück noch einmal zu versuchen.
Versuch macht kluch
Ich stellte fest, dass es mit Glück nichts aber auch gar nichts zu tun hatte. Wie ich herausfand, machten die von den Bankangestellten an Kunden kolportierten Weisheiten der B.O.I. zwar keinen Sinne aber sie hatten Methode. Ich hätte natürlich gleich wissen können, dass es vergebene Liebesmüh ist, doch ich bin normal niemand, der schnell aufgibt. Insgesamt startet ich also vier dieser Versuche.
Die Antworten, die ich dabei bekam, reichten von “Haben wir nicht” bis hin zu “kein Problem”. Letztere empfand ich dabei irgendwie als fieser, denn am Anfang glaubte ich den Typen. Natürlich hörte ich nieder was von den “Kein-Problem-Sagern” und es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass ich es bis ans Ende meiner B.O.I. Tage nicht geschafft habe, ihnen eine Maestro-Karte aus dem Kreuz zu leiern. Von einer in Zeiten der Onlinebuchung unerlässlichen Kreditkarte reden wir hier gar nicht erst.
Am Ende wechselte ich zur AIB und hatte innerhalb von zwei Wochen alles, was mein Herz begehrte. Es stellte sich heraus, dass ich einen fundamentalen Fehler begangen hatte, ich kleines Dummerle. Das kommt, wenn Dreibeine mit dem Kopf denken. Wenn man eine Bankkarte haben will, muss man logischerweise zu einer richtigen Bank gehen.
Da kann die B.O.I. nichts dafür, offensichtlich steht deren Name nämlich nicht für “Bank of Ireland” wie ich dachte, sondern für “Bunch Of Idiots“. Deutschland mag eine Servicewüste sein, allerdings trifft man in Irland manchmal auf die berüchtigte Bildungslücke. Am Ende wurde ja alles gut.
Statistik gut, alles gut
Es stellte sich übrigens heraus, dass jenes fabulöse Durchschnittsvermögen der Iren getragen ist von der stattlichen Anzahl von insgesamt 30.000 Millionären. Auf die nur rund vier Millionen Einwohnern der grünen Insel gerechnet, ist das natürlich eine ganze Menge. Wir sind also doch reich, rein statistisch gesehen. Hurra!
P.S. Ich persönlich glaube trotzdem, dass die B.O.I. sich verrechnet hat. Erstens gibt es auch in Irland ein Bankgeheimnis, woher wissen sie also wie viel (aka wenig) Leute wie ich auf der Kante haben und außerdem können die noch nicht einmal eine Bankkarte ausstellen. Nach meiner Erfahrung sind die zu unterbelichtet, ein Loch in den Schnee zu pinkeln und die wollen einen auf Statistik machen? Meine goldene Regel heißt: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast! Und erst recht nicht, wenn sie von der B.O.I aufgestellt wurde.